Schufa-Datenhaltung: Sechs Monate nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens ist Schluss mit der Schufa-Datenverarbeitung
| Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) hält daran fest, dass dem Insolvenzschuldner regelmäßig ein Löschungsanspruch gegen die Schufa Holding AG zusteht, wenn diese Daten aus dem Insolvenzbekanntmachungsportal ohne gesetzliche Grundlage länger speichert und verarbeitet, als dies in der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet (InsoBekVO) vorgesehen ist. Auch bei der Berechnung eines Score-Wertes darf die Schufa die Daten zum Insolvenzverfahren danach nicht mehr berücksichtigen. |
Das war geschehen
Über das Vermögen des Klägers wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 25.3.2020 hat das Amtsgericht (AG) das Verfahren aufgehoben. Die Information wurde im amtlichen Internetportal veröffentlicht. Die Schufa pflegte diese Daten von dort in ihren Datenbestand ein, um diese ihren Vertragspartnern bei laufenden Vertragsbeziehungen und Auskunftsanfragen zum Kläger mitzuteilen. Der Kläger begehrte Ende 2020 von der Schufa, die Daten zu löschen, da die Verarbeitung zu erheblichen wirtschaftlichen und finanziellen Nachteilen bei ihm führe. Eine uneingeschränkte Teilhabe am Wirtschaftsleben sei ihm nicht möglich. Er könne u.a. nur noch gegen Vorkasse bestellen und keine neue Wohnung mieten.
Die Schufa wies die Ansprüche des Klägers zurück und verwies darauf, dass sie die Daten entsprechend den Verhaltensregeln des Verbandes „Die Wirtschaftsauskunfteien e.V.“ erst drei Jahre nach Speicherung lösche. Die Daten seien bonitätsrelevante Informationen und daher für die Schufa und ihre Vertragspartner von berechtigtem Interesse. Das Landgericht (LG) hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers vor dem OLG hatte Erfolg.
Nach sechs Monaten muss Datenverarbeitung aufhören
Der Kläger kann von der Schufa verlangen, die Verarbeitung der Informationen zu seinem Insolvenzverfahren sechs Monate nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens zu unterlassen. Nach Ablauf dieser Frist überwiegen die Interessen und Grundrechte des Klägers gegenüber den berechtigten Interessen der Schufa und ihrer Vertragspartner, sodass sich die Verarbeitung nicht mehr als rechtmäßig im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) darstellt.
Abwägung: Schufa-Interessen vs. Grundrechte der Person
Es ist eine konkrete Abwägung zwischen den Interessen der Schufa und ihrer Vertragspartner an der Verarbeitung der Daten und den durch die Verarbeitung berührten Grundrechten und Interessen des Klägers anzustellen. Der Kläger hat ein Interesse daran, möglichst ungehindert am wirtschaftlichen Leben teilnehmen zu können, nachdem die Informationen über sein Insolvenzverfahren aus dem Insolvenzbekanntmachungsportal gelöscht worden sind. Dieses Interesse geht dem eigenen wirtschaftlichen Interesse der Schufa als Anbieterin von bonitätsrelevanten Informationen vor. Auch gegenüber typisierend zu betrachtenden Interessen der Vertragspartner sind die Interessen des Klägers vorrangig, da keine besonderen Umstände in der Person des Klägers oder seines Insolvenzverfahrens erkennbar sind, die eine Vorratsdatenspeicherung bei der Schufa über den Zeitraum der Veröffentlichung im Insolvenzbekanntmachungsportal hinaus rechtfertigen könnten. Die Schufa kann sich nicht auf die in den Verhaltensregeln des Verbandes der Wirtschaftsauskunfteien genannte Speicherfrist von drei Jahren berufen. Diese Verhaltensregeln entfalten keine Rechtswirkung zulasten des Klägers. Sie vermögen auch keine Abwägung der Interessen vorzuzeichnen oder zu ersetzen.
Das OLG hat die Revision zugelassen.
Quelle | Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 3.3.2022, 17 U 5/22